28.02.2004

TOUR DIARY – 26.02.04 | BIBERACH, Abdera, Emergenza Vorrunde

Ohne große Erwartungen hatten wir uns bei Europas größtem Newcomer-Contest angemeldet. Genauer gesagt: Jojo war’s! Einige Wochen vor dem Festival trafen sich alle Bands im Biberacher „Abdera“ zum Vorgespräch. Zu unserer Freude waren uns zwei der sechs anderen Bands bereits bekannt: GUNFIRE aus Mengen und CANDID GROOVE aus Bad Waldsee. Letztere Combo hatte zusammen mit uns beim Maifest in Wirnsweiler gespielt (siehe Gig Review vom 01.05.03).

Magge (seines Zeichens Manager von ITCHY POOPZKID aus Eislingen) war für unser Vorrundenkonzert zuständig und erklärte uns alles wichtige über Emergenza. Wir wussten zwar das meiste schon, aber egal. Man hörte dem müde wirkenden Magge natürlich trotzdem zu. Die wichtigste Information war, dass in der Vorrunde vier von sieben Bands weiterkommen sollten. Dies erschien uns zumindest machbar. Allerdings war es im Vorfeld schwer, die Leistung der anderen Bands einzuschätzen. Wie erwartet waren wir eine der jüngsten, wodurch wir von Anfang an die Einstellung hatten: „Da haben wir nix zu verlieren!!“.

Hier noch ein paar wissenswerte Dinge über Emergenza: In den ersten Runden entscheidet ausschließlich das Publikum, welche Bands weiterkommen. Diese Entscheidung kommt per Abstimmung (!) zu Stande. Erst in den Endrunden hat eine Fachjury das Sagen. Jede Band hat eine halbe Stunde Zeit, um eigene Songs zu präsentieren. Auf- und Abbau sind in dieser halben Stunde inbegriffen. Bands, die durch Emergenza bekannt wurden sind beispielsweise EMIL BULLS, MY BALLON, SINCERE oder auch GLOW…

Im Laufe des Vorgesprächs bekam jede Band von Magge 100 Karten ausgehändigt, von denen man so viele wie möglich unter die Leute bringen sollte. 8 Euro pro Karte war zwar nicht gerade wenig, aber wenn man mal bedenkt, dass man für den Preis sieben Bands sehen konnte, war’s wohl doch okay.

Mit dem Kartenvorverkauf taten wir uns in den ersten Wochen äußerst schwer. Wir legten auch nicht sonderlich viel Wert drauf, da wir uns in erster Linie auf unsere CD-Release-Party konzentrierten. Außerdem war uns der Vertrieb unserer CD natürlich viel wichtiger, als der Kartenverkauf für die Emergenza Vorrunde. Trotzdem brachten wir nach und nach 22 Karten unter die Leute. Zudem hatten einige vor, sich direkt an der Abendkasse Karten zu besorgen…

Der 26. Februar rückte immer näher. Obwohl wir bereits neues Songmaterial hatten, beschlossen wir kurzerhand die Lieder unserer CD zu spielen. Zu dritt probten wir vor allem in den letzten Tagen vor dem Festival recht fleißig.

Nippel und Sédon mussten sich am 26. (war ein Donnerstag) den Nachmittag frei nehmen, da wir um 14.00 Uhr Soundcheck hatten. Jojo hatte eh frei. Wir düsten also mit Nippels Corsa nach Biberach. Außer Gitarre, Bass und ein paar anderen Dingen mussten wir nix mitbringen, so dass ein einziges Auto tatsächlich ausreichte. Unser Soundcheck ging nach anfänglichen Problemen mit dem Bassverstärker recht flott. Da wir neben G-STUFF das einzige Trio waren, war’s für uns relativ einfach, einen zufriedenstellenden Monitorsound zu finden. Dank Digitalmischpult konnten die Einstellungen sogar exakt gespeichert werden.

Nach uns waren im halbstündigen Wechsel die anderen Bands mit Soundcheck dran. Man beäugte sich zwar kritisch – richtiges Konkurrenzdenken kam jedoch zumindest aus unserer Sicht nicht auf. Am Abend sollten uns einige Bands sogar so gut gefallen, dass selbst wir als Teilnehmer manchmal unsere Hand hoben.

Während den Soundchecks unterhielten wir uns mit GUNFIRE, mit CANDID GROOVE und auch mit den Jungs von RUNLET aus Pfullendorf. Jojo und Nippel hatten sich einige Wochen vorher mit deren Bassist Martin und deren Frontmann Thomas getroffen, da RUNLET beim Vorgespräch nicht da gewesen waren.

Am frühend Abend gingen wir mit den Jungs von GUNFIRE sowie mit Magge und einem anderen Mitarbeiter von Emergenza in ein nahegelegenes Sportheim zum Essen. Obwohl keiner davon sprach, wurde so langsam (fast?) jeder nervös. Dies zeigte sich an den vielen halbvollen Tellern. Auf die Frage: „Hat’s geschmeckt?“ folgte also meistens ein „Ja, aber s’war zu viel.“. Lediglich GUNFIRE-Manager Philipp lockerte die angespannte Stimmung mit seinem trockenen: „Jo, bloß vill z’wenig!“ auf. Er hatte seinen Teller in der Tat leer gegessen… 🙂

Zurück im Abdera war es dann soweit: Nachdem wir unsere Bekannten und Freunde begrüßt hatten, legten RUNLET aus Pfullendorf los. Hammergeiler Sound!! Vor allem Frontmann Thomas, der Nippel beim Soundcheck noch versichert hatte: „Wir sind alle halb krank und können kaum singen!“, überzeugte mit seinem ausdrucksstarken und rauen Gesang. Zeitweise erinnerten die Songs an NICKELBACK oder an LIFEHOUSE. Allerdings trat auch immer wieder das Keyboard in den Vordergrund, wodurch dieser Vergleich wieder zunichte war. Bereits beim Soundcheck war uns klar, dass RUNLET mit Abstand die beste Band dieser Vorrunde war. Zumindest aus unserer Sicht. Umso blöder war für uns die Tatsache, dass ausgerechnet wir diejenigen waren, die nach ihnen spielen mussten. „Egal!“ dachten wir uns und enterten die Bühne, als für RUNLET gerade abgestimmt wurde. Überraschenderweise hoben gar nicht mal sooo viele Leute die Hand. Lag wohl daran, dass RUNLET die erste Band war. Magge stand auf der Bühne und zählte konzentriert jede einzelne Meldung. Jojo, der gerade seine Gitarre stimmte, hob ebenfalls die Hand, während Nippel und Sédon bereits viel zu sehr mit sich selber beschäftigt waren…

Magge stellte uns kurz vor – und dann ging’s los: Unser Intro („Hells bells“ von ACDC) sorgte zunächst für erstaunte Gesichter. Nach Nippels: „Guten Abend Biberach!!“ ging es jedoch fließend mit „Just asking“ weiter und wir rockten los. Trotz unserer anfänglichen Nervosität waren wir dank fleißigem Proben relativ sicher. Nach „Exhausted“ und „The thing about you“ übernahm Jojo den Bass und Nippel die Gitarre. Es folgten „All your fault“ und „Dark hole“. In letzteren Song hatten wir eine kurze Bandvorstellung eingebaut. Die Worte: „Am Schlagzeug: Sédon!“, „An der Gitarre: Nippel!“ und: „Am Bass: Jojo!“ sorgten genau wie unsere Songs für üppigen Beifall und lautes Gekreische. Spezieller Dank geht hierbei an die Mädels, denn deren Geschrei hört man bei so was einfach besser… 🙂 Was uns außerdem noch auffiel, war, dass erstaunlich viele bei unseren Songs mitsangen. Das war wirklich großartig und lag wohl in erster Linie an unserer neuen CD „Strawberry Week“. Es war also eine weise Entscheidung gewesen, sämtliche Lyrics im Booklet abzudrucken! Nach „Forward“ und unserem Finish war Schluss mit Mucke: Magge enterte die Bühne und bat erst mal um Applaus für uns. Dem wurde stattgegeben. Und wie!! Danach kam der für uns wichtigste Moment das Abends: „Wem Coleslaw gefallen hat, der möge jetzt bitte die Hand heben!“. Wer uns in diesem Augenblick ins Gesicht geschaut hat, dem dürften unsere erstaunten Blicke aufgefallen sein, denn wir waren über die zahlreichen Meldungen sehr überrascht! Es sah auf einen Blick so aus, als seinen mehr Hände oben, als zuvor bei Runlet. Klarheit sollten wir erst am Schluss des Festivals haben, denn die genaue Zahl der Stimmen wurde natürlich nicht sofort bekannt gegeben…

Erleichtert verließen wir die Bühne, wünschten G-STUFF viel Glück und verstauten zunächst unser Equipment im Auto. Als wir anschließend durch die Menge gingen gab’s an jeder Ecke Lob und Schulterklopfen. Wir hatten unser Bestes gegeben, waren mit den vielen Meldungen zufrieden und konnten uns nun gelassen die Auftritte der anderen Bands anschauen.

G-STUFF war ebenfalls eine 3-Mann-Band. Allerdings dürften die Mitglieder bereits Anfang 30 gewesen sein. Teilweise erinnerte ihre Musik an ACDC, wobei der Gesang doch deutlich anders war. Bassist und Gitarrist sangen stets im Wechsel einige Worte. Call and Response: „Bang your head!“ – „Yeah!“ – „Bang your head!“ usw… Der Drummer von G-STUFF, der nicht nur wegen seines „Antichrist“-T-Shirts einen Bombenleger-Touch hatte, liebte vor allem seine Doublebass. Musikalisch waren die drei Jungs gut – allein die Richtung sagte uns weniger zu. Ungefähr so dachten wohl auch die Leute, denn G-STUFF erhielt deutlich weniger Stimmen, als zuvor RUNLET und wir.

Es folgte SOULDOUBT, eine fünfköpfige New-Metal-Combo, die an Bands wie THE DEFTONES erinnerte. Heftige Schreipassagen und Brachialriffs wechselten mit melodischem Kopfstimmengesang und cleanem Gitarrensound . Bis auf den Sänger, der teilweise die Töne nicht richtig traf, überzeugte uns die Band. Vor allem einer der beiden Gitarristen stach heraus. SOULDOUBT hatte stolze 65 Karten verkauft, so dass bei der Abstimmung einige Hände nach oben gingen.

Mit ME AND THE BOYS folgte die – zumindest spielerisch – beste Band. Der Gesang der einzigen Frau dieses Festivals war äußerst ausdrucksstark. Gitarrist und Bassist waren schätzungsweise zwischen 30 und 40 und spielten auch komplexe Läufe sehr präzise. Allerdings wirkten die groovigen Poprocksongs nach dem harten New Metal von SOULDOUBT ein wenig altmodisch und fehl am Platz. Bei einem Kneipenkonzert im Rahmen einer Musiknacht oder so wäre ME AND THE BOYS mit Sicherheit deutlich besser honoriert worden. Im Abdera meldeten sich allerdings nicht so viele Leute.

Nun war CANDID GROOVE an der Reihe. Ihr grooviger Rock war wieder etwas härterer Machart und kam beim Publikum besser an. Die Jungs aus Bad Waldsee wirkten sehr souverän. Die meisten Songs waren uns noch von Wirnsweiler im Ohr. CANDID GROOVE gefiel uns und dem Publikum: Es gingen einige Arme mehr nach oben, als zuvor bei ME AND THE BOYS.

Zu guter Letzt waren unsere guten Bekannten von GUNFIRE in der undankbaren Rolle, das Festival zu beenden. Erfreulicherweise waren noch relativ viele Leute da. Die Songs ihrer neuen Platte „Don’t care“ überzeugten vor allem durch den mehrstimmigen Gesang. Teilweise war’s punkig, teilweise ging’s in die LINKIN PARK-Schiene. Das Publikum kam wieder bis ganz vor die Bühne und tanzte was das Zeug hielt. Nach dem Auftritt lies Magge noch einmal abstimmen: Sehr viele Hände gingen nach oben. Es erschien klar, dass GUNFIRE zumindest unter den ersten vier war – sicher konnte man es jedoch auch diesmal nicht sagen. Es war wie jedes Mal äußerst schwer abzuschätzen, wie viele Hände oben waren.

Nach einer kurzen Pause betrat Magge ein letztes Mal die Bühne, um das Endergebnis dieser Vorrunde zu verkünden: „Auf Platz 4 mit 65 Stimmen RUNLET.“ Eigentlich hätten die was besseres verdient gehabt, aber immerhin waren sie weiter! S’war halt doch ein deutlicher Nachteil, dass sie anfangen mussten. „Auf Platz 3 mit 70 Stimmen SOULDOUBT.“ Sédon war zu diesem Zeitpunkt der festen Überzeugung, dass wir es nicht geschafft hatten. Jojo und Nippel hofften noch…

„AUF PLATZ 2 MIT 74 STIMMEN COLESLAW.“

Wow, ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr wir uns über diese Worte gefreut haben!! Jojo und Nippel lagen sich in den Armen und küssten sich – Sédon wurde von seinen Bude-Jungs fast erdrückt. Danach drehten wir eine Runde durchs Abdera und fielen jedem um den Hals, der extra wegen uns drei Idioten nach Biberach gefahren war und 8 (bzw. 10) Euro gezahlt hatte. Sie alle freuten sich mit uns – schienen aber deutlich weniger überrascht zu sein als wir…

„Auf Platz 1 mit 92 Stimmen GUNFIRE.“ Der Jubel bei unseren Kollegen und ihren Fans war kein Stück geringer. Sofort fielen wir auch ihnen um den Hals und beglückwünschten uns gegenseitig. Da war man vor ein paar Stunden noch zusammen bei Essen gewesen und hatte die Hosen voll gehabt – und kurze Zeit später belegt man die vorderen beiden Plätze. Unglaublich! Es sollte einige Tage dauern, bis wir unseren Erfolg fassen konnten…

Hier ist das Endergebnis im Überblick:
1. GUNFIRE mit 92 Stimmen
2. COLESLAW mit 74 Stimmen
3. SOULDOUBT mit 70 Stimmen
4. RUNLET mit 65 Stimmen
5. CANDID GROOVE mit 60 Stimmen
6. ME AND THE BOYS mit 47 Stimmen
7. G-STUFF mit 40 Stimmen

Genauere Informationen rund um Emergenza findet ihr unter www.emergenza.net.

Dass Sédon und Nippel am nächsten Morgen arbeiten mussten, war erst mal egal. Jojo hatte wie gesagt frei. Erleichtert drehte jeder seine Runden und unterhielt sich mit verschiedenen Leuten. Die Jungs von CANDID GROOVE, die leider ausgeschieden waren, gratulierten. Die Jungs von RUNLET freuten sich über ihren 4. Platz und lobten unsere Musik. Jojo schäkerte mit Magge über Dinge, die eh kein Mensch verstand (Jojo arbeitet bei ITCHY POOPZKID von Zeit zu Zeit am Merchandise-Stand und kennt Magge daher schon lang; Anm. d. Red.), Sédon war an der Bar zu Gange und Nippel schlürfte sein Mineralwasser.

Irgendwann beschlossen wir dann zu gehen. Man verabschiedete sich von zig Leuten und ging nach draußen. Nippel wurde von einem besoffenen Schwarzen, der nur gebrochenes Deusch sprach, gefragt, ob er mitfahren könne. „Wohin?“, fragte Nippel. – „Rißegg.“ – „Wo isch des??“ – „Bei Agip.“ – „Tankstelle?“ – „Ja, Tankstelle.“ Nach längerem hin und her erfuhr Nippel, dass der Schwarze den selben Vornamen wie sein Vater hatte und nahm in mit zu seinem Corsa. Ein leicht angetrunkener Sédon, der gerade urinierte, rief verwundert: „Hä, hot’s vorher brennt??“. Nippel maulte seinen Kollegen zwar an – musste jedoch selber lachen. Der Schwarze machte Gott sein Dank nicht den Einruck, als habe er den Spruch verstanden und stieg torkelnd ein. Wir fuhren ihn also nach Rißegg. Er bedankte sich artig per Handschlag und zog von Dannen. Wir kurvten zurück nach Biberach ins Mc Donald’s, wo bereits Jonne, Strauß, Thimo, Gero und ein paar andere warteten. Am Nebentisch nahm kurze Zeit später RUNLET-Basser Martin Platz. Man aß ein paar Kleinigkeiten, signierte noch eine CD und verabschiedete sich schließlich.

Jojo, Nippel und Sédon fuhren überglücklich in Richtung Heimat und konnten’s immer noch nicht so richtig fassen. Man hupte durch die Gegend und lachte und sang. Die Fahrt ging relativ lang, da immer wieder eine dichte Nebelwand die Sicht versperrte. Außerdem war’s glatt. Scheißegal! Nippel kurvte zuerst Sédon und dann Jojo nach Hause und ging anschließend selber schlafen.

Vielen herzlichen Dank an alle, die uns unterstützt haben: Gero, Jonne, Strauß, Thimo, Judith, Änsge, Moni & Michi (St.)Anger, Bine, Ute, 2x Claudi, Matze, Sulzer, Gilla-Mate, Tiger, Britt, Axt, Backe, Paule, Hanna, Axel, Söhnke, Stefanie, Olli, Mona, Marion, Löw, Südamerikanerin & Anhang, Zimmi, Sande, Checo, CHAVENGER und natürlich GUNFIRE & Fans.

Außerdem danken wir Emergenza, Magge und Miche Hepp.

Besonderer Dank geht an die Leute, die uns nicht gekannt, aber trotzdem für uns gestimmt haben!