21.09.2003

TOUR DIARY – 19.09.03 | BAD SAULGAU, Stadtforum, Tonkunstfestival

Bereits zu der Zeit, als COLESLAW noch Zukunftsmusik war, hatten Nippel und Jojo (damals noch mit Cornelius Reinhardt und Lorenz Wortmann) in der Band der Jugendkunstschule gespielt. Im Jahr 2000 war es zur ersten Zusammenarbeit mit dem Streichorchester gekommen: Im Rahmen des Jahreskonzerts der Jugendmusikschule Bad Saulgau hatten wir den METALLICA-Klassiker „Nothing else matters“ gespielt. Schon damals hatte Gitarrenlehrer Friedbert „Fribbe“ Reuter die Orchesterpartituren für den Song arrangiert. In den folgenden beiden Jahren waren noch einzelne Songs hinzu gekommen, die im Rahmen besonderer Konzerte aufgeführt wurden. Neben dem bereits erwähnten „Nothing else matters“ waren dies „Eleanor Rigby“ von THE BEATLES, „Take a look at my heart“ von KIERAN GOSS sowie „No leaf clover“ von METALLICA. Als COLESLAW hatten wir schließlich noch beim Jahreskonzert 2002 „Back to you“ von Bryan Adams präsentiert, wobei Corny Reinhardt den Bass und Christoph Seitz das Klavier (Verzeihung, ich meinte den Flügel!) übernommen hatte. Eigentlich hatten wir (vor allem Fribbe) schon immer im Hinterkopf, das Ganze mal größer aufzuziehen und ein abendfüllendes Konzert zusammen mit dem Orchester zu spielen.

Anfang 2003 begannen wir schließlich mit konkreten Planungen, da Alban Beikircher – der Leiter und Dirigent des Orchesters – die Idee hatte, das Projekt innerhalb seines Tonkunstfestivals zu verwirklichen.

Zunächst einmal mussten die passenden Songs ausgesucht werden. Nippel und Jojo verbrachten zu dieser Zeit endlose Stunden bei Friedbert und hörten eine CD nach der anderen durch. Gefragt waren vor allem Songs, die bereits ein Orchestergewand hatten, da es für Fribbe dann einfacher war, die Songs zu arrangieren: Er konnte sich einfach an der Vorlage orientieren und die Orchesternoten Stück für Stück raushören und aufschreiben. Das hört sich jetzt simpler an als es ist, denn trotz allem dauerte es oft einige Tage oder sogar Wochen, bis die Partitur eines Songs fertig gestellt war. Gelegen kamen uns hierbei Platten wie zum Beispiel „S&M“ von METALLICA oder „Unplugged“ von BRYAN ADAMS, da diese Alben durchweg mit Streichorchester eingespielt sind. Bei Songs von KIERAN GOSS hingegen gab es keine Orchesterversion. Fribbe musste also selbst kreativ werden und seinem Hirn abwechslungsreiche Kompositionen entlocken. Vielleicht gibt es jetzt einige, die sich fragen: „Der Fribbe ist doch Gitarrenlehrer. Wieso kann der das überhaupt??“. Denen sei gesagt: Fribbe hat früher einmal Geige studiert. Beim praktischen Teil erspielte er sich tolle Noten – der Theorie wegen fiel er aber letztendlich durch die Prüfung und musste somit sein Studium abbrechen. Für uns war das ein außerordentlicher Glücksfall, denn wo sonst findet man einen Gitarrenlehrer, der Orchesterpartituren schreiben kann?

Obwohl Jojo und Nippel zahllose Songs für das Projekt vorschlugen, war es im Endeffekt Fribbe, der die meisten Stücke aussuchte. Unsere Ideen waren seiner Ansicht nach oft „scheiße“ oder „langweilig“ – mal ganz davon abgesehen, dass „eh alles von den BEATLES geklaut“ war. SILVERCHAIR und FARIN URLAUB klauen also laut Fribbe von den BEATLES! Naja, wie auch immer. Wir sahen uns jedenfalls nicht dazu im Stande, diese Behauptung zu dementieren, denn der Fribbe kennt einfach mehr BEATLES-Songs als wir. Trotzdem: Die ZILLERTALER SCHÜRZENJÄGER klauen ja auch nicht von MOTÖRHEAD, oder?? Jetzt aber genug damit! Ich seh schon, dieser Gig Review wird lang, sogar sehr lang! Ha-ha, der wird ein richtiges Meisterwerk!! Jetzt aber weiter…

Also: Irgendwann standen dann alle Songs fest, die wir bei dem Projekt spielen wollten, irgendwann war klar, dass das Ganze im Stadtforum stattfinden wird und irgendwann hatten wir sogar einen konkreten Termin: Den 19. September 2003. Während Fribbe mal mehr und mal weniger fleißig an seinen Partituren arbeitete, übten Jojo und Nippel bereits Monate vor dem Konzert einzelne Songs. Nach längerem hin und her konnten wir uns auch auf die letztendlichen Gastmusiker einigen: Corny (Bass), Christoph (Piano) und Thomas Sali (Gesang). Einige Zeit später kam dann noch Florian Reisch (Perkussion) hinzu. Obwohl Fribbe zunächst skeptisch war, konnten wir ihn doch relativ schnell von Judith überzeugen, als klar war, dass auch ein oder zwei Songs mit Frauenstimme dabei sein würden.

Als das Konzert „Symphonic-Rock“ schließlich in greifbare Nähe rückte, hatten wir uns an einen festgelegten Probenplan zu halten. Zunächst probte die Band getrennt von den ROCKSTRINGS (Streichorchester). Fribbe war unser Chef, während die „Kratzkästen“ (Zitat Sédon) von Alban Beikircher betreut wurden.

Kleine Randgeschichte: Am Ende einer Probe bauten Fribbe, Jojo, Nippel und Sédon die Anlage ab. Nippel trug Fribbes teure Boxenständer („Da hat einer über 500 Mark gekostet!“ – so Fribbe) aus der Musikschule hinaus und überlegte noch kurz, ob er sie wirklich hinter Fribbes Auto legen soll. Immerhin war es bereits stockdunkel. „So blind ist er jetzt auch wieder nicht!“, dachte Nippel und legte die beiden Ständer ruhigen Gewissens auf den Boden. Der Abbau schritt voran und irgendwann fragte Nippel beiläufig: „Wo ist eigentlich der Fribbe??“. Auf Jojos Erklärung, Fribbe würde gerade sein Auto vor die Musikschule fahren, rannte Nippel wie von der Tarantel gestochen nach draußen. Bereits aus der Ferne sah er, dass Fribbe gerade die beiden Boxenständer in seine Karre lud, was Nippel zunächst beruhigte. Wenige Minuten später sollte er erfahren, dass er doch zu spät gekommen war: Fribbe war bereits vor Nippels Blitzspurt über seine eigenen Ständer gefahren und hatte sie nicht unerheblich verbogen. Naja, soll vorkommen. Vor allem bei Fribbe, denn der sieht nach eigenen Worten so dermaßen schlecht, dass er noch nie (!) in seinem Leben einen Sternenhimmel betrachten konnte. Traurig aber wahr…

Immer wieder mussten alle Sänger, sprich Judith, Nippel, Jojo und Thomas separat bei Fribbe erscheinen und vorsingen. Als so langsam die Zeit drängte, war das immer weniger lustig: Fribbe wurde teilweise sehr unverschämt, wobei wir im Gegenzug vielleicht nicht immer den nötigen Ehrgeiz mitbrachten. Vor allem zu Hause bereiteten wir uns oft ungenügend auf die Proben vor, da wir während der Sommermonate einige andere Auftritte spielten, und hierfür schließlich auch proben mussten. Teilweise kamen wir uns vor, wie bei einer der Casting-Shows im Fernsehen – mit Fribbe in der Rolle von Dieter Bohlen: Nix war recht und teilweise lautete sein einziger Kommentar nach einem Song: „Nochmal!“.

Wie dem auch sei – es kam, wie es kommen musste: In irgendeiner Probe waren sowohl wir als auch Fribbe außerordentlich genervt. Obwohl wir uns zuvor noch nie ernsthaft mit Friedbert gestritten hatten, ging’s auf einmal los. Jeder warf sich plötzlich das an den Kopf, was sich seit Wochen angestaut hatte. Vor allem Jojo und Nippel gerieten mit Fribbe in eine heftige Grundsatzdiskussion. Sédon hielt sich wie fast immer dezent im Hintergrund. Auch Judith, Christoph und Florian sagten wenig bzw. gar nix. Lediglich der sonst so ruhige Corny tat das wohl einzig Richtige: Heftig von Fribbe angemault, meinte er grinsend: „Wenn du mir so kommst, dann brauchen wir gar nicht erst zu reden!“, packte seine Sachen und verschwand einfach nach Hause. Nippel, Jojo und Friedbert diskutierten hingegen munter weiter. Dass die anderen von Fribbes Kritik großteils verschont blieben, lag wohl daran, dass er sie einfach nicht so gut kannte und deshalb nicht gleich unverschämt sein wollte. Jojo, Nippel und Corny hingegen besuchen seit Jahren seinen Unterricht. Klar, dass man da weniger Respekt voreinander hat. Am Ende dieser glorreichen Probe war die Stimmung auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt. Für uns war es fast schon eine Genugtuung, als wir erfuhren, dass es auch beim Streichorchester alles andere als gut lief…

Ob es nun gut lief oder schlecht – es war jedem klar, dass es weitergehen musste und das tat es auch. Die Probe am folgenden Tag war um einiges besser. Scheinbar hatte jeder für seinen Teil nachgedacht, sich Fehler eingestanden und wollte nun vom Vortag nichts mehr wissen. Ganz offensichtlich hatte auch fast jeder daheim an den Songs gearbeitet, so dass diese Probe im Vergleich zu den bisherigen deutliche Verbesserungen mit sich brachte. Trotzdem war unser Verhältnis zu Fribbe bis zum Auftritt immer ein wenig angespannt.

Obwohl das Konzert erst am Freitag war, reisten die Herren der Technik bereits am Montag aus Laupheim an. Martin Weber und seine Mannen (Rolf, Tom und Stefan) waren zunächst wenig gesprächig und bauten mit einer Seelenruhe die Anlage auf. Wir schauten nur gelegentlich mal vorbei, da wir tagsüber arbeiten mussten. Einzig und allein Jojo hatte frei und so half er bis nachts um 2.00 Uhr so gut er konnte beim Aufbau. Martin, Rolf, Tom und Stefan hatten nahezu die komplette Anlage selbst mitgebracht. Ersterer beteuerte immer wieder, dass die Anlage im Stadtforum absolut sch… ähem, schlecht abgestimmt, und dass viel Geld in den Sand gesetzt worden war. Wir konnten das natürlich nicht beurteilen, aber seine Erklärungen schienen zumindest plausibel: Schallreflektion an den Glasfassaden führt zu einem unerwünschtem Echoeffekt, der das Abmischen unmöglich macht und so weiter und so fort…

Am Dienstag war dann technische Probe. Vielmehr als eine grobe Soundeinstellung war bis zum späten Abend jedoch nicht geleistet und so mussten die Feinabstimmungen am Mittwoch gemacht werden. Trotzdem war bereits ersichtlich, dass wir einen bomben Sound haben würden: Selbst die Rockstrings wurden mit zahlreichen Mikros verstärkt. Man hörte wirklich jedes einzelne Instrument! Insgesamt war der Sound sehr warm und angenehm. Selbst das Schlagzeug kam überhaupt nicht brachial rüber. Zu laut war’s auch nicht.

Am Mittwochabend wurde zwar noch geprobt – allerdings nicht sehr intensiv. Es klappte nicht immer gut, da bei manchen Stücken der Ablauf große Probleme bereitete. Langsam drängte wirklich die Zeit, was uns natürlich auch nicht sicherer machte. Einzig und allein Alban Beikirchers spritzige Art sorgte immer wieder für Gelächter und lockerte die Proben sichtlich auf: Mal rief er einer Cellistin (Sabine Binder) mitten im Stück ein deutlich hörbares „Pfui!“ zu – ein anderes Mal meinte er in Anlehnung an einen umstrittenen deutschen Politiker: „Ihrrr sollt spielen wie ein deutsche Uhrrrwerrrk!!!“. Amüsant war auch, als mitten in einem Song Herr Beikirchers Handy klingelte und er während dem Telefongespräch einfach weiterdirigierte. Noch mehr Zitate von Alban Beikircher gefällig?? Tja, dann lest doch einfach den Gig Review vom Jahreskonzert (23.11.02)!

Die erste Durchlaufprobe fand dann am Donnerstag statt und war einer der wenigen Lichtblicke in dieser Woche: Ohne Unterbrechung spielten sowohl wir, als auch das Streichorchester nahezu fehlerfrei das gesamte Programm durch. Lediglich die Technik oder einzelne Songabläufe bereiteten manchmal noch Probleme.

Langsam kam man immer mehr mit den vier Technikern ins Gespräch, die allesamt sehr nett waren. Fribbe hatte nicht zu viel versprochen: Es handelte sich in der Tat um absolute Idealisten, die mit einer Perfektion und einer Detailverliebtheit ihre Arbeit taten, dass es eine wahre Freude war. Und das „für n‘ Apfel und n‘ Ei“, wie Herr Beikircher zutreffend formulierte. Im Ganzen betrachtet bekamen Martin Weber und seine Mannen wohl gerade ihre Unkosten erstattet. Trotzdem war von Arroganz keine Spur, auch wenn sie sich überhaupt nirgends reinreden ließen: Das fing schon damit an, dass unsere Kabel ihrer Ansicht nach scheiße klangen, weil sie zum einen billig produziert und zum anderen falsch von uns zusammengerollt (!) wurden. Auch wenn wir über solcherlei Perfektionismus eigentlich nur staunen und grinsen konnten – im Endeffekt glaubten wir ihnen, was sie sagten. Trotzdem sind wir nach wie vor der Ansicht, dass es wichtiger ist, sich spielerisch zu verbessern, als sich darüber Gedanken zu machen, ob das Mikro jetzt drei oder fünf Zentimeter vor den Amp muss. Aber egal – auf eine gewisse Art hatten Herren Techniker auf jeden Fall recht!

Am Freitag wurde es dann ernst: Um 17.00 Uhr trafen wir uns zur Generalprobe, die zwar ganz ordentlich war, aber lang nicht so gut wie die erste Durchlaufprobe am Tag zuvor: Jojo klagte über eine heißere Stimme, was ihm vor allem bei Songs wie „Yesterday“ Probleme bereitete, während Judith und Nippel auf einmal wieder mit dem Monitorsound unzufrieden waren. Irgendwann wurde der Saal geöffnet und wir verschwanden in irgendwelchen Räumen hinter der Bühne. Manche würden jetzt „Backstage“ dazu sagen. Die Stunde unmittelbar vor dem Konzert war unerträglich und schien kein Ende zu nehmen. Vor allem Sédon beklagte sich über den massiven Geigensound der noch probenden Streicher („Des macht mi verruckt!“). Insgesamt waren wohl alle sehr nervös. Selbst Alban Beikircher wollte kurz vor dem Konzert seine Ruhe haben und verbarrikadierte sich ganz allein in einem Raum. Pianist Christoph hingegen war einer der wenigen, die relativ gelassen blieben. Er versuchte mehrfach die anderen zu beruhigen.

Irgendwann war’s dann so weit: Die ROCKSTRINGS und die Band betraten die Bühne und blickten in die vielen gespannten Augen des vollen Saals. Nach einer kurzen Rede von Kulturamt-Chef Andreas Ruess und einer Klangcollage von Fribbe wanderten unsere Blicke auf Herr Beikircher. Er zögerte kurz und gab dann den Einsatz zu „Back to you“ von BRYAN ADAMS. Sofort wurde uns klar, dass Soundtechniker Tom bei der Generalprobe wohl geblöfft hatte, denn der Monitorsound war jetzt wieder deutlich lauter, was uns ein wenig beruhigte. Unser erstes Stück war spielerisch in Ordnung und erntete auch sofort üppigen Applaus. Bei Song Nr.2 („Take a look at my heart“ von KIERAN GOSS) hingegen, verschleppte fast die gesamte Band das Intro – das Orchester spielte folglich deutlich schneller als wir. Im Nachhinein betrachtet wusste keiner so recht, wer Schuld daran hatte – jedenfalls war’s eindeutig die Band! Nippel, Jojo und Corny gaben geschlossen zu, nicht aufmerksam genug auf Dirigent Alban Beikircher geschaut zu haben. Sédon hatte das falsche Tempo zwar sofort bemerkt – konnte jedoch nicht viel dagegen tun. Immerhin spielte das Streichorchester die synkopischen Rhythmen des Songs recht souverän. Nach Nippel und Jojo übernahm bei „Politik“ von COLDPLAY und bei „Imagine“ von JOHN LENNON Orchestermitglied Thomas Sali das Gesangsmikro. Vor allem „Imagine“ Song sang Thomas mit seiner ausdrucksstarken Stimme absolut brilliant – fast schon meinte man, das Original zu hören. Sowohl Nippel als auch Jojo erkannten neidlos an, dass sie da bei weitem nicht mithalten konnten. Selbst der fließende Wechsel in die Kopfstimme meisterte der Ex-Frontmann von CUBE ohne größere Probleme. Respekt! Christoph spielte am Flügel ebenfalls exzellent – vor allem die akzentuierte Begleitung von „Politik“ kam gut zur Geltung. Weiter ging’s mit „Eleanor Rigby“ von THE BEATLES – dem einzigen Stück ohne Bandinstrumente: Die drei Strophen (1: Nippel, 2: Jojo, 3: Thomas) waren recht gut gesungen. Der vierstimmige Chorus hingegen wirkte unsicher. Außerdem waren hierbei die Leadstimmen zu leise und die Backgroundstimmen zu laut. Judith, die beim Chorus eine Backgroundstimme beisteuerte, verfehlte einmal ziemlich den Ton, was wohl dem einen oder anderen aufgefallen sein dürfte. Beim sich anschließenden „Yesterday“ (Wer den Interpreten nicht selber weiß, der braucht gar nicht weiterlesen!) übernahm Jojo den Gesang, während Nippel die Akustik-Gitarre zupfte. Wenn man Jojos heißere Stimme berücksichtigt, war’s mit ein paar kleinen Ausnahmen ordentlich gesungen. Nippels gelegentliche Patzer fielen durch das laute und schön spielende Orchester nicht so sehr ins Gewicht. Nach dem eher eintönigen und verträumten „Twisting and turning“ (KIERAN GOSS, gute zweistimmige Passage von Jojo und Judith), folgte vor der Pause mit „In my place“ von COLDPLAY einer der Höhepunkte: Wiederum war Thomas Sali am Leadgesang, während Nippel die Background Vocals übernahm. Sédon, der bis jetzt einwandfrei gespielt hatte, erwischte sogar den Break in der Mitte des Songs. Das war mehr als beeindruckend, wenn man mal bedenkt, dass er diesen bisher in jeder (in jeder!!!) Probe verschlafen hatte.

Die Tatsache, dass jetzt eigentlich Pause war, wurde vom Publikum irgendwie nicht erkannt. Der Applaus war ungewöhnlich lang, vereinzelt waren bereits „Zugabe!“-Rufe zu hören und einige wollten sogar schon nach Hause gehen. Thomas Sali sorgte schließlich für Klarheit: Da der Lichttechniker offenbar vergessen hatte, das Wort „Pause“ an die Wand zu projezieren, formte er mit seinen Händen einen Trichter vor seinem Mund und rief deutlich hörbar „Paaauuuuussssseee!!“. So ging jeder nach draußen und ergab sich seinem Nikotin- bzw. Urinierdrang. 🙂

Nach ca. 20 Minuten wurde die zweite Konzerthälfte von der „Elite“ des Streichorchester eröffnet: Anke Gerstetter, Theresa Rimmele & Co. intonierten ein längeres Violinkonzert von Vivaldi. Im Anschluss folgte „A whiter shade of pale“ von PROCUL HARUM: Während Judith ihre Stärke für softere Songs deutlich unter Beweis stellte, hatte Sédon nach eigenen Worten den Schluss vergeigt. Laut Alban Beikircher hatte auch das Orchester an mehreren Stellen gepatzt. Bei „Drive“ von Incubus war dann wieder nahezu die ganze Band beteiligt. Nippel war mit seinem Gitarrensolo zufrieden – mit seinem Gesang jedoch nicht. Wie schon beim Opener „Back to you“ trat der sonst eher im Hintergrund musizierende Perkussionist Florian Reisch bei „Drive“ durch sein markantes und passendes Tamburin in Erscheinung. Bassist Corny brillierte mit einem schwer zu spielenden Fill-In, welches er im Gegensatz zu den Proben sehr gut meisterte. „Hero“ von CHAD KROEGER war der einzige Song, bei dem Thomas‘ Stimme nicht ganz so passend wirkte. Allerdings hätten die anderen diesen gesanglichen Brocken wohl auch nicht besser gemeistert. Ordentlich war’s allemal. Der vierstimmige Refrain hatte zwar einzelne Intonationsfehler – kam aber dennoch sehr kraftvoll rüber. Sédons kurzer Trommelwirbel zu Beginn mündete in einen guten Band- und Orchestereinsatz, was in den Proben auch nicht immer der Fall gewesen war. Nach „Hero“ war dann plötzlich ein wenig Hektik auf der Bühne: Jeder flüsterte dem anderen irgendwas ins Ohr, wobei dieser meist fragend das Gesicht verzog. Der Grund: Herr Beikircher wollte sein Lieblingslied „A whiter shade of pale“ nochmals haben. Sowohl wir, als auch das Publikum waren ein wenig irritiert. Trotzdem wurde dem Wusch stattgegeben und der Song wiederholt. Während Sédon ein zweites Mal den Schluss ungenau spielte, war das Orchester deutlich besser als beim Erstversuch. Im Anschluss folgte „Nothing else matters“ von METALLICA, das von allen Bühnenakteuren im Großen und Ganzen souverän vorgetragen wurde. Jojos Gitarrensolo kam dank seiner neuen Gibson-Klampfe sehr gut zur Geltung. Das letzte Stück des regulären Programms war schließlich „No leaf clover“ (ebenfalls von METALLICA), das durch den Kontrast von rockigen Gitarrenriffs und ruhigen Orchesterpassagen beim Publikum großen Anklang fand und einen Höhepunkt des Konzerts darstellte. Friedberts Arrangements, die er denen von Michael Kamen (SAN FRANCISCO SYMPHONY ORCHESTRA) nachempfunden hatte, wirkten hierbei besonders beieindruckend. Der Schluss von Nippels Gitarrensolo überzeugte durch schwer zu spielende Fingertappings. Schlagzeuger Sédon akzentuierte die Übergänge von den ruhigen zu den heftigen Songparts gekonnt mit seinem neuen China-Becken.

Als der Applaus des Publikums unerwartet lang anhielt, spielten wir „I still remember“ von BLACKMORE’S NIGHT als Zugabe. Das für Streicher umarrangierte Dudelsack-Intro wurde von den ROCKSTRINGS mit Anke Gerstetter an der Sologeige brilliant gespielt. Florian überzeugte an den Kongas, während Judith das Gesangsmikro übernahm. Ein Zuhörer meinte im Anschluss an das Konzert, sie habe den Song besser gesungen, als die Originalsängerin (BLACKMORE’S NIGHT hatte wenige Wochen vor unserem Symphonic-Rock-Konzert live in Friedrichshafen gespielt). Das erschien ihr zwar unglaubwürdig, war aber trotzdem ein enormes Kompliment. Nach erneuten Klatschsalven, spielten wir schließlich noch die Liebes-Schnulze „When you say nothing at all“ von RONAN KEATING. Obwohl Jojo den Song nach eigenen Worten nicht mehr hören konnte, sang er ihn sehr authentisch nach. Christoph am Flügel und Corny am Bass spielten den Schlusssong nach unserem Ermessen fehlerfrei. Wiederum wurde vom Publikum fleißig geklatscht. Und wie! Die hörten gar nicht mehr auf! Ein sichtlich erleichterter und über beide Ohren strahlender Alban Beikircher ließ uns nach unserem Abgang ein ums andere Mal erneut auf der Bühne aufmarschieren. Sein Orchester musste sich mehrmals erheben und wieder setzten. Und die Leute klatschten und klatschten! Als Arrangeur Fribbe Reuter kurzzeitig die Bühne enterte und Alban umarmte, gab es auch von den Musikern Applaus für die viele Mühe der beiden während der letzten Wochen und Monate. Irgendwann erhoben sich die knapp 500 Zuschauer nacheinander von ihren Plätzen und applaudierten munter weiter. Wir hatten uns viel von diesem Abend erhofft – Standing Ovations jedoch bei Weitem nicht!

Nach unserem Auftritt wurde noch kräftig gefeiert. Einzelnes aufzuzählen würde den Rahmen dieses eh schon viel zu langen Gig Reviews sprengen…

Wir danken: Friedbert Reuter für seine Ideen, seine tollen Arrangements und seine (nicht immer vorhandene) Geduld, Alban Beikircher für seinen enormen Einsatz und sein Tonkunstfestival, Martin Weber + Tom + Stefan + Rolf für ihre überwältigende Sound- und Lichtarbeit zum Selbstkostenpreis, unseren „Special Guests“ Corny, Thomas, Christoph und Florian für Bass, Gesang, Piano und Perkussion sowie für ihre freundliche Art während der oft langen Proben, dem Jugendstreichorchester Bad Saulgau für ihr tolles Spiel und ihre Mühe, Miche Hepp von „Szene regional“ für die gelungene Berichterstattung rund um das Konzert, Andreas Ruess und der Stadt Bad Saulgau für die finanzielle Hilfe, der Bahnhofsapotheke und dem Café Kostbar für diverse Sponsorengelder, Thimo für den Entwurf des Flyers, Frau Hocke für die schönen Tonkunst-Programmhefte, Frau Gerstetter für die Versorgung mit Butterbrezeln während den Proben, Herr Schäfer und Herr Wölfle (früher Kolsch) vom Stadtforum, allen Flyerverteilern, allen Konzertbesuchern sowie allen, die sich so sehr für uns interessieren, dass sie diesen Gig Review bis zum Ende durchgelesen haben.

Das Konzert fand in folgender Besetzung statt:

ROCKSTRINGS (STREICHORCHESTER):
VIOLINE:
Martin Binder
Veronika Burth
Kathrin Essl
Anke Gerstetter
Constanze Gerstetter
Katharina Hillmann
Katharina Hinger
Corinna Landig
Thomas Mross
Andreas Peschke
Chartouni Rawang
Svenja Rechle
Theresa Rimmele
Marina Sali
Thomas Sali
Corina Scheffold
Martin Schlenhart
Fabian Stöhr

VIOLA:
Carolin Borst
Andreas Brillisauer
Andreas Kowol
Johanna Miehle
Manuel Ribbehege

CELLO:
Sabine Binder
Ferdinand Gerstetter
Anna Lisa Schulte

DIRIGENT : Alban Beikircher
ARRANGEMENTS: Friedbert Reuter

SPECIAL GUESTS:
BASS: Cornelius Reinhardt
GESANG: Thomas Sali
PIANO: Christoph Seitz
PERKUSSION: Florian Reisch

COLESLAW:
GESANG: Judith Mutschler
SCHLAGZEUG: Thomas „Sédon“ Jäggle
AKUSTIK & E-GITARRE, GESANG: Johannes „Jojo“ Schneiderhan
AKUSTIK & E-GITARRE, GESANG: Andreas „Nippel“ Michelberger

LICHT- UND TONTECHNIK:
Martin Weber
Tom Nickel
Rolf Rieger
Stefan Hees

To be continued…