29.11.2011

TOUR DIARY – 12.11.11 | CZ – MARTINICE V KRKONOŠÍCH, Kulturní Dum

Zweiter Tag in CZ. Nachdem wir im Bären in Litomyšl vorzüglich gegessen hatten, fuhren wir in den Norden. In Martinice am Fuße des tschechischen Riesengebirges sollte die nächste Show stattfinden. Im Gegensatz zum Vorabend fanden wir in Martinice keinen modernen Club vor, sondern den Kulturní Dum – eine öffentliche Versammlungsstätte, die augenscheinlich noch aus Kommunismus-Zeiten stammt. Laut Holger gibt es solche Gebäude in CZ relativ häufig. Das soll keineswegs negativ klingen – wir fanden den Kulturní Dum sehr beeindruckend. Oftmals werden diese Bauten nun für Musik, Theater oder sonstige Kulturveranstaltungen genutzt. Eine verratzte, alte Location und ein Rockkonzert passen durchaus zusammen, wie wir finden. Interessante Raumaufteilung, viel Holz, gemütliche Bar und exzellente Technik. Jürgen bekam große Augen, als er das Mischpult sah. 

Wie so oft, wenn wir irgendwo rumstanden, zeigte sich Tomáš als guter Gastgeber und fragte jeden von uns: „Beer?“ Jojo lehnte ab, der Rest nickte freudig. Wir tranken. Eine drahtige Tschechin baute Traversen auf und machte ordentlich Krach. Wir lehnten uns zurück und lauschten dem Soundcheck von KRUCIPÜSK. Wie sich herausstellte, hatte der Kulturní Dum nicht die beste Akustik. FOH-Mann S(a)tanda schaute etwas unzufrieden wegen der lauten Overheads, machte aber das Beste draus.

THE COOLERS, eine lokale Band, eröffneten den Abend. Cooler Sound. Spielerisch extrem versiert. Einziges Manko: Die Jungs saßen musikalisch zwischen den Stühlen. Mal gab’s Party-Rock, mal Crossover, mal Balladen, mal Funk-Elemente. Alles exzellent vorgetragen, aber durch das enorm breite Spektrum fehlte irgendwie der rote Faden.

Im Anschluss rockten wir. Mittlerweile waren geschätzte 150 Leute am Start. Im Gegensatz zum Vorabend, als quasi alle Leute vor der Bühne standen, bot der Kulturní Dum einige Nebenräume und Sitzmöglichkeiten, so dass die Tanzfläche spärlich bevölkert war und die meisten erst mal am Tresen ein paar Getränke zu sich nahmen. Dennoch hörten viele aufmerksam zu und ca. 10 Leute vor der Bühne zeigten umso mehr Einsatz: Sie bangten wie der Čert! Wir ließen uns mitreißen und gaben mächtig Gas. Spielerisch nicht unser bester Gig, aber durchaus ein sehr hingabevoller und schweißtreibender. Am Ende wurde nach einer Zugabe verlangt, die wir leider nicht spielen konnten, weil wir unser komplettes CZ-Set bereits präsentiert hatten und darüber hinaus fanden, dass es nach „Your Serenity“ Zeit für den majestätischen Headliner war.

KRUCIPÜSK fegten wie gewohnt mit „Mamö“ (Wahnsinns-Song!) los. Zu den 10 abgehenden Tschechen gesellten sich über 150 weitere hinzu und feierten ein Riesen-Fest. Obwohl im Vergleich zum Vorabend weniger Leute da waren, war die Stimmung besser. Auch wir mischten uns unters Volk. Nippel und Done wurden von einem jungen Tschechen namens Tomáš (so heißt dort gefühlt jeder vierte) auf eine Runde Schnaps einladen. Obwohl Tomáš kaum Englisch konnte, bestand er darauf, die Runde zu bezahlen – das machte er uns unmissverständlich klar. Wir bedankten uns und schenkten ihm eine CD, über die er sich enorm freute.

Die Party war auch in Martinice gut, wenngleich sie nicht so lange dauern konnte, wie am Vorabend. Wir mussten relativ bald das Equipment in den Bus verfrachten und losfahren. KRUCIPÜSK-Tomáš stieg bei uns ein und wies uns den Weg. Er hatte uns in sein trautes Heim eingeladen. Wir fuhren am Fuße des Riesengebirges durch nächtlichen Wald fernab jeder Zivilisation. Zumindest augenscheinlich. Irgendwann sagte Tomáš: „Stop!“ Wir stiegen verwundert aus. Tomáš führte uns über einen Bahnübergang, der sich auf (!) seinem riesigen Grundstück befand. Seine Frau hatte extra eine Bahnwärterprüfung ablegen müssen, um die Schranken bei Bedarf rauf und runter lassen zu können.

Nach einem kleinen Spaziergang erblickten wir die Residenz von Tomáš: Ein geräumiges und total uriges Landhaus aus dem Jahr 1820! Und genau so ist es eingerichtet. Wir fühlten uns sofort um einige Dekaden zurückversetzt. Nix Zentralheizung. Ein riesiger Holzofen in der Küche sorgt für die nötige Wärme. Kuckucksuhr, Schaukelstuhl, Herrgottswinkel und drei große Hunde runden das Flair ab. Wir waren beeindruckt und aßen mitten in der Nacht noch eine Art Strudel, aber nicht mit Äpfeln, sondern mit Schinken und Käse.

Nach einer kalten Nacht im Dachgeschoss des Hauses lernten wir am nächsten Morgen beim Frühstück Tomáš‘ Frau Ivana – zugleich die Managerin von KRUCIPÜSK – kennen. Holger unterhielt sich angeregt auf Tschechisch mit ihr, während wir mit den Hunden spielten. Nach dem Essen drehten wir eine Runde durch den riesigen Garten inklusive Schuppen, Hundehütte, Plumpsklo, Fischteich und vieles, vieles mehr… wenn hier nicht der echte Rübezahl zu Hause ist, wo dann?

Děkuji: Tomáš & Ivana, S(a)tanda, Vojta, Richard, Jarmut, der Belegschaft des Kulturní Dum in Martinice, Roman und seinem „Tree-Climber-Kollegen“, Tomáš für den Schnaps und ganz speziell den Headbangern vor der Bühne.