Unser Ziel für das Jahr 2004 bestand zum einen darin, mit den eigenen Songs voran zu kommen und zum anderen so viele Auftritte wie möglich auswärts zu spielen. Als uns die (zunächst dubios klingende) Agentur „Konzert X“ für sechs verschiedene Musiknächte engagieren wollte, kam uns das also absolut gelegen und wir sagten sofort für Konzerte in Albstadt, Nagold, Pfullendorf, Sigmaringen, Villingen-Schwenningen und Rottenburg zu. Los ging’s mit Albstadt…
Die Tatsache, dass wir zu den Kneipennächsten eine komplette PA-Anlage mitbringen mussten, stellte uns erst mal vor große Probleme. „Okay, so groß werden die Kneipen schon nicht sein!“, dachten wir uns und beließen es bei unserer guten, alten Probenanlage aus dem Stinnes, die zum Teil Thimo gehört. Darüber hinaus mussten wir einen Bass-Amp ausleihen (unser alter war kaputt). Jojo und Nippel kauften sich sogar jeweils ein Shure SM 58 Mikrofon.
Dann war da noch die Frage, wie wir die Anlage jedes Mal so weit transportieren sollen. Mit allem drum und dran hätte man mindestens 3 Pkws gebraucht, um alles verstauen zu können. Wäre wohl enorm teuer und umständlich geworden. Der Papa von Judith war unser Retter: Er stellte uns seinen uralten Mercedes Sprinter zur Verfügung. Das knallgelbe, verrostete und verbeulte Gefährt war für unseren Zweck wie geschaffen! Sédon ließ kurzerhand noch ein paar überdimensionale COLESLAW-Aufkleber anfertigen, die nun auf dem Bus prangen und ta-dah: Unser Tourbus!! Okay, er hat nur noch TÜV bis Dezember, aber immerhin…
Da wir einige Sitzplätze entfernen mussten, um die Anlage unterbringen zu können, kann unser Bus mittlerweile nur noch fünf Personen mitnehmen. Nach Albstadt wollten neben JoJuNiSé jedoch auch noch Manne, Änsge und Carina mit. Sédon fuhr daher mit seinem Mädel in einem Extra-Auto hinter dem Tourbus her. Im Bus selbst saß Jojo am Steuer und hatte mit Manne einen ortskundigen Kartenleser neben sich. „Ortskundiger Kartenleser“? Ist das ein Widerspruch in sich?? Sieht ganz danach aus! Oder auch nicht. Egal. Jedenfalls wusste Manne Dampf wie man nach Albstadt kommt…
Zunächst fuhren wir aber gar nicht nach Albstadt, sondern wir machten einen kleinen Abstecher nach Ulm, wo an diesem Nachmittag das Vorgespräch für’s Emergenza Semifinale stattfand. Da Ulm aber eh fast auf dem Weg lag, war das absolut kein Problem…
Das Vorgespräch war relativ kurz, so dass es eigentlich nicht nötig gewesen wäre, mit so vielen Leuten zu kommen. Naja, immerhin haben wir ein paar neue Bands kennen gelernt bzw. ein paar alte, die wir schon aus der Vorrunde kannten, wieder getroffen. Thimo war zu unserer Überraschung auch am Start. Wer fehlte da noch?? Keine Frage – natürlich die California-Punkrocker von ITCHY POOPZKID, die uns auf dem Parkplatz des Ulmer Roxys begegneten! Die Itchys sind allesamt gute Bekannte von uns. Vor allem von Jojo. Man könnte sogar sagen, dass sie mit Jojo befreundet sind. Zumindest tun sie so als ob, denn Jojo betreibt bei ihnen von Zeit zu Zeit den Merchandise-Stand… 🙂 Wie auch immer. Jedenfalls begrüßte man sich herzlich und Sibbi von den Itchys meinte: „Geil, ihr habt jetzt auch nen Bandbus! Fährt der überhaupt??“ – „Klar doch!!“, hieß es in unseren Reihen…
Nun, das war glatt gelogen, denn als wir uns auf die Reise nach Albstadt machen wollten, ging auf einmal gar nix mehr: Busfahrer Jojo hatte blöderweise das Licht angelassen. Tja, da standen wir nun und unser Bus gab kaum noch Lebenszeichen von sich. Obwohl es fast jedem aussichtslos erschien, trommelte Jojo zig Leute (ITCHY POOPZKID, (INSERT COOL NAME)) zusammen, die uns dabei halfen, den Bus anzuschieben. Und siehe da – bereits beim zweiten Versuch sprang er an! Wir bedankten uns kurz und heizten los…
Die Fahrt verlief dank Kartenleser Manne äußerst reibungslos. Okay, zumindest fast: Plötzlich fing es an zu stinken. Nach längerem Rätselraten bemerkte Jojo, dass er mehrere Kilometer (!) mit angezogener Handbremse gefahren war. Also doch nicht so ganz „reibungslos“. Überhaupt nicht! Nippel machte sich zunächst über Jojo lustig – er verstummte jedoch sofort, als Jojo ihm das Steuer überlassen wollte und Manne ihn auf seine Orientierungsschwächen ansprach: „Wenn du fahren würdest, dann wären wir doch schon lang in der Schweiz oder so!“ Scheinbar hinterließ das Nachdruck bei Nippel. Zumindest hielt er von nun an seine Klappe. Im Endeffekt wurde eh alles relativiert, denn als sich unsere Fahrt dem Ende neigte, bewies ein Autofahrer direkt vor uns auf beeinruckende Art und Weise, was das Gegenteil von „reibungslos“ ist: Urplötzlich blockierte sein linkes Hinterrad! Er dachte jedoch gar nicht daran anzuhalten, sondern er zog mit lautem Gequietsche eine Bremsspur, die ungelogen mehrere hundert Meter lang war!! 🙂
Wenige Minuten später waren wir in Albstadt. Nach kurzer Suche fanden wir das „No Name“. Das war vielleicht mal eine winzige Kneipe! Nicht mal halb so groß wie’s Franzis in Bad Saulgau!! Der Name „No Name“ passte eigentlich, denn die Kneipe hatte keinen festen Stil, sondern war so ne Mischung aus Dönerbude und Nacktbar. Die vielen Fotos über dem Tresen verrieten, dass bei dem von Zeit zu Zeit stattfindenden „Stangatheater“ (Zitat Sédon) bisweilen auch nackte Männer am Start waren…
Der Wirt der Kneipe war ein gut 30-jähriger Kerl mit blondierten Haaren und Base-Cap. Er stellte sich als „Alex“ vor und seine erste Frage war, ob wir denn auch das neue Eckstein-Lied spielen würden. Wir verneinten grinsend und jeder dachte wohl für sich: „Das kann ja heiter werden!“…
Das wurde es auch, denn nachdem wir alles aufgebaut und chinesisch gespeist hatten, begannen wir kurz vor 20.00 Uhr mit unserem Unplugged-Programm. Innerhalb kürzester Zeit war die Kneipe voll, was ehrlich gesagt keine große Kunst war. Viel mehr als 80 Leute hatten im No Name eh nicht Platz…
Witzigerweise spielten wir auf dem Fußboden, während die Leute auf einer Art Bühne standen. Naja, dass passte zum Abend, denn unser Auftritt war alles andere als ein gewöhnlicher: Jung und alt, Nazis und Türken, Rocker und standardmäßiges Partyvolk – schlichtweg alles war im No Name zu Gange und gab sich die Kanne. Zumindest viele taten das, wodurch relativ schnell Stimmung aufkam und friedlich (!!) mitgesungen und mitgestanzt wurde. Komischerweise war es den Leuten scheinbar egal, ob wir Covers oder eigene Songs spielten bzw. ob sogar (während unseren Spielpausen) nur eine CD lief – alles war ihnen recht. Der Eckstein-Song lief rauf und runter. „Eckstein, Eckstein, aaaaalles muss versteckt sein. Augen auf, ich komme!!“… Zwischendurch kam dann mal wieder Ballermann-Mucke und dann wieder Heavy und dann wieder Pop – einfach alles!! Und alles gefiel. Also uns natürlich nicht – aber denen!! Von Zeit zu Zeit brüllte Wirt Alex sogar Bierzeltsprüche in sein Mirko hinter der Bar: „Prost, ihr Säcke“ – „Prost, du Sack!!“. Einer seiner Angestellten erinnerte sowohl optisch als auch vom Verhalten her an den „Partyboy“ aus der Kultserie „Jackass“: Ständig tanzte er hemmungslos auf der Bar rum und machte verspulte Bewegungen, wobei er zwischendurch immer wieder zu uns rüberblickte und uns durch Gesten oder Worte lobte. Grinsend brachten wir gegen 0.30 Uhr unseren Auftritt zu Ende und wussten bis zum Schluss nicht so recht, was wir von dem wilden Treiben im No Name halten sollten. Es wurden zig Zugaben verlangt, die wir natürlich auch spielten. Danach kam irgendein Besoffener und wollte eines unserer Mirkos haben. Er gab lallend einen Onkelz-Songs zum besten – und das halbe No Name sang lautstark mit…
Ingesamt waren wir zwar über die gute Resonanz von allen Seiten und über die enorm gute Stimmung zufrieden – wir hatten jedoch den wohl nicht ganz unberechtigten Eindruck, dass die Party mit jeder X-beliebigen anderen Band bzw. mit DJ-Sound nicht großartig anders verlaufen wäre. Nichts desto trotz bekamen wir viel Lob und sogar ein paar Anfragen für Auftritte.
Spaßig war’s allemal – auch wenn wir im Vorfeld was anderes erwartet hatten. No Name-Chef Alex, der uns am Anfang etwas skeptisch vorgekommen war, zeigte sich hochzufrieden und zahlte von sich aus noch was auf die vereinbarte Gage drauf. Wir schenkten ihm ne CD, bedankten uns artig und verabschiedeten uns von ihm und dem „Partyboy“.
Als unser Ramsch wieder im Bandbus bzw. in Sédons Karre war, düsten wir gen Heimat. Sédon, der mit der schlafenden Carina allein unterwegs war, hatte stark mit der Müdigkeit zu kämpfen. Irgendwann schlug der Sekundenschlaf zu und unser Done fuhr auf einmal neben der Straße!! Durch das Geholper wachte er jedoch – Gott sei dank – sofort wieder auf und verhinderte im letzten Moment eine Fahrt in den Graben…
Wir danken: Sédons Schutzengel, Kartenleser Manne, Änsge, Carina, Herr Mutschler, Thimo, No Name-Chef Alex, dem „Partyboy“ & der restlichen Belegschaft, den netten Türstehern, den Leuten von Konzert X, ITCHY POOPZKID & (INSERT COOL NAME) für’s Bandbus anschieben und nicht OOMPH!!