Wenn uns vor zwei Jahren jemand gesagt hätte, dass wir mal in der Schweiz und in Österreich spielen würden, dann hätten wir ihn wahrscheinlich für verrückt erklärt. Entsprechend groß war unsere Vorfreude, als wir am frühen Morgen des 22. Oktober in Sédons Karre nach Günzburg fuhren. Neben uns drei war auch Mischer Thimo am Start. In Günzburg trafen wir uns mit Magge („Black Forest Mägges“) vor einer Autovermietung, wo wir uns einen großen, grünen Sprinter ausliehen. Magge (seines Zeichens Manager bei ITCHY POOPZKID sowie Mitarbeiter von Emergenza) düste mit uns nach Eislingen an der Fils, wo auch schon seine dreiköpfige Gurkentruppe namens ITCHY POOPZKID auf uns wartete. Die drei Punkrock-Seckel Sebastian Hafner („Sibbi“), Daniel Friedl („Dani“) und Tobias Danne („Tobi“) erfreuten uns bereits bei der Ankunft durch ihre freundlich dreinblickenden Visagen. Wir begrüßten uns herzlich und begannen unsere Reise…
Die Fahrt verlief äußerst kurzweilig und problemlos. Erst an der Schweizer Grenze musste Magge seine akribisch genaue Zeitplanung über den Haufen werfen: Die Schweizer Zollbeamten hatten ein Problem mit CDs und Merchandise-Artikeln, die wir beim Gig in Bern verkaufen wollten. Außerdem waren sie sehr vorurteilsbefangen, was Rockmusiker angeht: Obwohl Magge ihnen in aller Vernünftigkeit erklärt hatte, was wir in der Schweiz machen wollten, meinte einer von ihnen, als wir eine Toilette aufsuchten: „Zuviel Bier, was??“ Unerhört! Wer sagt denn, dass Musiker am hellen Tag Bier trinken?? Das ist mindestens genauso bescheuert, wie die Behauptung, alle Ausländer wären kriminell! Oder alle Schweizer würden kiffen!! Oder alle Punkrocker würden nur drei Akkorde spielen!!! 🙂 Naja, wie auch immer. Jedenfalls musste Magge eine ordentliche Stange Geld hinlegen, dass wir endlich weiterfahren konnten. „Bei der Ausreise gibt’s das Geld zurück!“ Wir waren gespannt…
Am frühen Abend kamen wir schließlich in Bern an und bauten in aller Ruhe die Emergenza-Backline auf. Unter einer „Backline“ versteht man… ähm, ach egal – wir bauten halt auf! Außerdem freuten wir uns tierisch über den „Gaskessel“. Das war ein absolut außergewöhnlicher Club: Unter einer großen Kuppel (wahrscheinlich war diese Kuppel die Hälfte eines alten Gaskessels – daher wohl der Name des Clubs) befand sich eine geräumige Bühne. Davor war keine normale Tanzfläche, sondern es erhoben sich stufenförmige Ränge in alle Richtungen. Sah aus wie ein kleines Kolosseum oder so. Das Mischpult befand sich am oberen Ende der Ränge. Man hatte von jeder x-beliebigen Position optimale Sicht auf die Bühne.
Nach und nach trafen auch die anderen Bands ein. Das waren RAINHEAD, SPOOKY EVOLUTION , PRIVACY SLIGHT (alle drei aus Bern) sowie VIBES GARDEN aus Zürich. Wir machten Soundcheck, bauten den Merchandise-Stand auf und vertrieben uns die Zeit im Backstage-Raum. Irgendwann gab es für die Mitarbeiter von Emergenza sowie für uns deutschen Gastbands was zu essen: Wir wurden in einen großen Raum geführt, wo zwei große, gedeckte Tische auf uns warteten. Unter jedem Teller befand sich eine Unterlage, auf der folgendes stand: „Emergenza und Gaskessel wünscht COLESLAW, ITCHY POOPZKID und dem EMERGENZA-Team einen guten Appetit“ – unglaublich!! Von einem Schweizer Koch mit langen Haaren und vielen Piercings wurden wir freundlichst bedient. Schmeckte einfach geil! Sogar mit Vorspeise und Nachtisch!! Wir genossen es sehr, dass wir so verwöhnt wurden. Dankeschön!
Gegen 20.00 Uhr legte die erste Band los. Immer mehr Leute kamen in den Gaskessel. Es sollten im Laufe des Festivals über 250 zahlende Gäste werden. Magge schaffte es mal wieder, die Stimmung im Saal durch gekonnte Ansagen zwischen den einzelnen Gigs anzuheizen. Wir lauschten den Schweizer Bands, saßen am Merch-Stand oder schauten Thimo zu, der im Backstage-Raum einen Flyer für unser Video Release Festival (26.11.04 im Bad Saulgauer Stadtforum – unbedingt kommen!!) designte. Alle Schweizer Bands dieses Abends hatten englische Songtexte. Bei den Ansagen zwischen den Songs verstand man herzlich wenig. Da ist die schwäbische Sprache echt mal ein Scheiß dagegen!! Im Backstage-Raum hatte vor allem Sibbi seine Freude daran, sich im schweizer Dialekt zu üben. 🙂
Wir waren die dritte Band des Abends und hatten somit eine ziemlich gute Spielzeit erwischt: Gegen halb zehn enterten wir die Bühne und gaben bei unserem ersten Auslands-Gig unser Bestes. War einfach geil, in einem anderen Land vor über 250 Leuten zu rocken. Direkt vor der Bühne wurde kräftig getanzt. Weiter hinten luden die zahlreichen Stufen des Gaskessels allerdings sehr zum Hinsitzen ein. Wir forderten das Publikum mehrmals auf, sich zu erheben. Dem kamen einige nach, so dass die Stimmung immer besser wurde. Am Ende des Gigs verspielte Nippel allerdings seinen Publikums-Kredit: Seine Frage: „Versteht ihr mich, wenn ich hochdeutsch rede??“ war ja noch in Ordnung. Als er jedoch auf die Coleslaw-Homepage hinweisen wollte und dabei fragte: „Habt ihr hier überhaupt schon Internet??“, da fanden es die Schweizer dann weniger witzig und maulten empört in Richtung Bühne. Jojo wies seinen Kollegen zu Recht und es konnte weiter gehen. Dank Thimo am Mischpult hatten wir ordentlichen (Monitor-)Sound und brachten mit „Just Asking“ schließlich unser Set zu Ende.
Im Anschluss rockten die Itchys was das Zeug hielt. Der kranke Sibbi (an diesem Tag war er nicht nur im Kopf, sondern auch körperlich krank) hatte mit seiner heiseren Stimme zu kämpfen. Er umspielte seine Gesangsprobleme allerdings äußerst professionell, so dass es kaum auffiel. Während die Itchys ihr 200stes Konzert spielten, standen Jojo und Done beeindruckt vor der Bühne. Nippel saß draußen am Merch-Stand. Dort bekam er prompt eine Quittung für seine blöde Internet-Ansage: Eine hübsche schweizer Blondine kam an den Stand und wollte unsere COLESLAW-CD haben, die an diesem Abend nicht 6 Euro sondern 8 Franken kostete. Das nette Mädel gab Nippel eine handvoll Kleingeld und meinte mit ehrlichem Blick: „Das sind genau 8 Franken!“ Nippel, der mit dem fremden Geld sichtlich überfordert war, erwiderte: „Ähm…, ich glaub dir das jetzt einfach mal!“ und gab dem Mädel eine CD. Als er anschließend das Geld nachzählte, stellte er fest, dass er lediglich 7,20 Franken bekommen hatte. Nun gut – wir wollen mal nicht kleinlich sein. Es war schließlich raffiniert gemacht!! 🙂
Nach einer Weile übernahm Jojo den Merch-Stand, der beim Verkaufen deutlich mehr Routine hatte, als Kollege Nippel. Die Itchys brachten einige Minuten später mit „As Long As I Feel Fine“ erfolgreich ihren Gig zu Ende. Im Anschluss spielten nochmals zwei schweizer Bands. Wir hörten jede mal an, saßen aber großteils am Merch-Stand, wo ständig schöne Mädels vorbei liefen. Eine meinte in Bezug auf ITCHY POOPZKID-Basser Dani: „Wo ist denn der Rothaarige hin? Meine Freundin findet den urherzig!!“ Während Dani sich also mit der besagten Freundin unterhielt, freuten wir uns über die Formulierung „urherzig“… 🙂
Als das Festival zu Ende war, bauten wir wieder ab. Black Forest Mägges musste an der Kasse um sein Geld kämpfen: Der Kassierer hatte von jedem Gast nur 10 anstatt den vereinbarten 15 Franken kassiert. Naja, soll vorkommen. Wie schon am Morgen mussten wir nach dem Gig unseren grünen Sprinter bis aufs Letzte voll laden, um alles unter zu bringen. Magge koordinierte die Ladearbeiten gekonnt und beschwerte sich gelegentlich über mangelnde Arbeitsmoral. Ohne den Mägges hätten wir nie im Leben alles in den Bus bekommen!
Nachdem wir uns von den anderen Bands sowie von der netten Belegschaft des Gaskessels verabschiedet hatten, düsten wir gegen 2.00 Uhr in die Berner Innenstadt in ein „Backpackers“-Hotel. Bern ist eine wunderschöne Stadt! Wirklich schade, dass wir keine Zeit hatten, uns Bern genauer zu Gemüte zu führen. Im Hotel angekommen bezogen wir unsere beiden Vierer-Zimmer. Ist schon ein geiles Gefühl, wenn man nach einem Gig ins Hotel geht und genau weiß, dass man am nächsten Morgen in eine andere Stadt fahren und dort wieder einen Gig spielen darf! Zumindest für uns war das absolut außergewöhnlich!! Für die Itchys hingegen fast schon Routine. Hundemüde schliefen wir gegen 3.00 Uhr ein.
Für einen wunderschönen Tag bedanken wir uns bei: Black Forest Mägges, Emergenza, Thimo, Tobi, Dani, Sibbi, dem freundlichen Koch, der Belegschaft vom Gaskessel und bei den Schweizern, die mit uns gerockt haben!