01.03.2005

TOUR DIARY – 28.02.05 | GB – EDINBURGH, The Canons‘ Gait ***UNPLUGGED***

Eigentlich wollten Jojo und Nippel lediglich für ein paar Tage nach Schottland in den Urlaub fahren, doch Jojos Bruder Stefan checkte dort kurzerhand einen Gig im „The Canons’ Gait“ ab, den wir natürlich dankend annahmen. Leider konnte Sédon nicht mit auf die Insel fliegen, weil die Anzahl der Haustüren bei der Schreinerei Hecht in den Plus hinein musste…

So flogen Jojo und Nippel also zu zweit nach Schottland. Man fühlte sich großartig, als beim Check-In im Flughafen die Gitarrentaschen (anstatt den ansonsten üblichen Koffern) auf Bomben und Waffen untersucht wurden. Die Frau mit dem Metall-Detektor schaute uns fast schon ehrfürchtig an und meinte kleinlaut: „Keine Angst, den Instrumenten passiert nix!“ Okay – das mit dem ‚ehrfürchtig’ haben wir uns vielleicht auch nur eingebildet… 🙂

Als unser Ryanair-Flieger schließlich in Glasgow landete, suchten wir den Bahnhof auf. Dort machten wir Bekanntschaft mit Benjamin aus Bayern, der seinen Bruder in Aberdeen besuchen wollte. Ein ausgesprochen witziger Typ! Seine Sporttasche war randvoll mit Weißwürsten und Weizenbier und sein Sprachschatz umfasste Sprüche wie: „Merkt ihr was?? Wir sind grad wie die Russen: Die wollen sich auch nicht integrieren!“ 🙂 Wer jetzt ein falsches Bild von Benjamin hat, dem sei gesagt, dass er Edmund Stoiber genau so scheiße fand wie wir…

Unsere ersten Tage in Edinburgh waren äußerst erlebnisreich. Jojos Bruderherz Stefan führte uns souverän zu allen möglichen Schauplätzen: Wir besichtigten das Castle und die halbfertige Akropolis, wir erklommen zahlreiche Berge, wir schauten uns das Grab eines prominenten Hundes an, wir besuchten das Café, indem der erste Harry Potter Roman geschrieben wurde und so weiter und so fort. Schöne Passantinnen wurden bei unseren Streifzügen stets mit dem aussagekräftigen Wort „Plus!“ kommentiert. 🙂

Auch unsere Nächte waren toll: Wir tranken Bier und Whiskey in allen möglichen Pubs, freuten uns über grandiose Live-Musik an allen Ecken und Enden und machten Bekanntschaft mit zig netten Leuten aus aller Herren Länder. Allein schon die WG von Stefan, in der auch wir hausten, verdient ein Multi-Kulti-Prädikat: Sie besteht aus dem Amerikaner Joe, dem Österreicher Florian, dem Franzosen Jean sowie dem Australier Rob. Alle vier supernett! Nach anfänglichen Schwierigkeiten diskutierten auch wir fleißig auf Englisch. Manchmal wunderten sich Jojo und Nippel über sich selbst, denn es ist schon erstaunlich, was einem da bereits nach kurzer Zeit alles über die Lippen gleitet. Jojo: „Our drummer has to stay in Germany because he is a carpenter and he has to do his work.“ – Nippel: „But that doesn’t matter, because he wouldn’t be able to talk to you anyway!“ Unsere früheren Englisch-Lehrer wären stolz auf uns! 🙂

An einem Abend stellte uns Stefan in einem Club einige seiner Studentenkolleginnen vor. Lauter nette Mädels und „Plus!“ 🙂 Da wir schon einiges intus hatten, klappte es mit der englischen Sprache sogar noch besser. Wir redeten wie Wasserfälle. Jojo drehte seine Runden, sprach wildfremde Leute an und verteilte fleißig Flyer, die Stefan extra wegen unseres Gigs gedruckt hatte. Irgendwann bekam Jojo Ärger mit einem bösen Türsteher: „No Flyers!!!“ – Jojo: „Why not? In Germany that’s normal!“ – Türsteher: „But we are in the UK!!!!!!“ Mit diesen Worten nahm er Jojo sämtliche Flyer weg. Zum Glück hatte Stefan noch einige in der Tasche. Der böse Türsteher war jedoch eine Ausnahme: Insgesamt betrachtet sind schottische Türsteher viel freundlicher als deutsche Türsteher! Eines haben sie mit den unsrigen dennoch gemeinsam: Sie können kein Deutsch! 🙂

Trotz dem bösen Türsteher hatten wir großen Spaß an diesem Abend. Spät in der Nacht traten wir schließlich torkelnd den Heimweg an. Man fand ein weißes Kissen auf der Straße und kickte es fortan vor sich her. Irgendwann trafen wir eine Gruppe junger Schotten, die eine 3 bis 4 Meter hohe Werbetafel durch die Gegend trugen. Diese bestand aus Plastik sowie aus einem dicken Vierkantholz-Mast. Sofort rannten wir zu den Jungs hin und wollten unser Kissen gegen die Werbetafel eintauschen. Wir diskutierten rum und priesen unser Kissen an – die Schotten wollten es aber nicht haben.

Nun sollten Jojo und Stefan Augenzeugen eines denkwürdigen Ereignisses werden: Einer der Schotten schnappte sich die Werbetafel und holte voll aus. Offenbar wollte er damit auf unser Kissen schlagen. Da nicht nur wir, sondern auch der Schotte ziemlich betrunken war, verfehlte er sein Ziel jedoch um Weiten: Nippel, der neben dem Kissen stand, bekam den Holzbalken volle Kanne auf die Rübe geknallt! Es tat einen dermaßen lauten Schlag und es war geradezu verwunderlich, dass Nippel nicht die Besinnung verlor! Der Schotte hatte großes Mitleid, denn das war natürlich nicht seine Absicht gewesen! Nippel rieb sich den Kopf und quittierte die Entschuldigungsversuche des Schotten zunächst mit einem „Fuck you!“. Der Schotte hatte so ein schlechtes Gewissen, dass er uns seine Fahne sogar schenken wollte! Nippel lehnte dankend ab. Als die anfängliche Wut verflogen war, wurde dann aber doch noch Friede geschlossen.

Wir zogen weiter und kickten immer noch unser Kissen vor uns her. Plötzlich waren auch noch einige Fremde in unserer Fußballmannschaft. Als Stefan das Kissen schließlich mit einem sauberen Abschlag über eine hohe Mauer beförderte, war das Spiel zu Ende und alle Akteure verließen applaudierend das Spielfeld… 🙂

Am Abend vor unserem Gig war eine Hausparty in Stefans WG. Bereits dort gaben wir einige Unplugged-Songs zum Besten, um ein wenig Werbung für den anstehenden Gig zu machen. Trotzdem waren wir erstaunt, als am 28. Februar schließlich über 60 Leute im Canons’ Gait aufkreuzten, um unser kleines Unplugged-Konzert zu sehen. Fast alle Leute von der Hausparty waren gekommen und hatten zum Teil sogar einige Freunde mitgebracht. Ein Gast verdient besondere Erwähnung: Nippels ehemaliger Austauschschüler Jon Harris war extra aus der Londoner Gegend mit dem Zug angereist, um unserer Musik zu lauschen! Nippel und Jon hatten sich seit etwa sieben Jahren nicht mehr gesehen!!

Das Canons’ Gait bot ein äußerst gemütliches Ambiente mit viel Holz und einer großen Kellerbar. Die Gäste machten es sich gemütlich uns lauschten unserem fast zweistündigen Unplugged-Set. Jojo und Nippel hatten sich vor dem Auftritt extra noch einige Lyrics durchgelesen, um beim Singen möglichst wenig Fehler zu machen: Wegen der vielen englischsprachigen Leute war das sehr wichtig! Es waren (laut Stefan) Studentinnen („Plus!“) und Studenten aus folgenden Ländern am Start: Schottland, England, Irland, Frankreich, Italien, Holland, Norwegen, Amerika, Österreich, Deutschland, Australien, Türkei, Schweiz und Bulgarien. Erstaunlich, oder nicht?? 🙂

Während wir spielten, sammelte Stefan mit einem Hut etwas „Small Change“, um Geld für die Anlage sowie für die Taxifahrten (!) zwischen dem Canons’ Gait und dem Music Store zusammen zu bekommen. Ein Mädel bekam den Hut in die Hand gedrückt und schaute ihn verwundert an. Anstatt Geld hinein zu werfen, setzte sie ihn schließlich auf, so dass alle bereits gesammelten Münzen heraus fielen und durch die Gegend rollten. 🙂 Trotzdem hatten wir am Ende genug Geld zusammen, um unsere Unkosten zu begleichen. Danke an alle Spender!

Während unserem Gig ging die Aufmerksamkeit der Gäste zeitweise zurück. Am Schluss war die Stimmung jedoch weid doba em Plus und es wurde mitgesungen und mitgeklatscht. „The Boxer“ von Simon & Garfunkel war unsere letzte Zugabe. Unter Applaus stellten wir unsere Klampfen ins Eck und verließen zufrieden die Bühne. Im Anschluss gab es viel Lob in allen möglichen Sprachen.

Eine allerletzte Zugabe folgte einen Tag später, als Jojo und Nippel bei der „International Student Night“ im „Bannermans“ einen Karaoke-Song zum Besten gaben.

Aus nahe liegenden Gründen, ist der Rest dieses Gig Reviews in englischer Sprache gehalten…

We want to thank the following persons: First of all Stefan for being our tourist guide, flat president and gig manager, Joe & Rob & Florian & Jean & the two Australian guests Liz and Katie for making us feel home, Jon Harris for coming the long and expensive way from England, Aoife & Lisa & Clara & Jan for the great night at “Dropkick Murphy’s”, Anais & Claire for talking about de rien et de tout, Gerrit & Alexander for the pub tours, the unknown Scottish guy for the flag attack, Benjamin from Bavaria for meeting us again in Edinburgh (UNBELIEVABLE!!!), Andrew MacLachlan for the guided tour and the coffee in the Scottish Parliament, Sean for being the first American who bought our CD, the staff of The Canons’ Gait, the guys from the music store “Scayles Music”, the taxi drivers and all the people who spent the night(s) with us. Finally we want to thank you for reading this gig review!!

Wenn wir jetzt sagen würden: “Wir waren zweimal hier!“ (S’erschd ond s’ledschd mol), dann wäre das gelogen! 🙂